erfolgt mündlich
Antrag: | Hebammen stärken! Für Vielfalt und Qualität vor, während und nach der Geburt |
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Antragsteller*in: | GRÜNE JUGEND (dort beschlossen am: 07.04.2016) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 07.04.2016, 23:05 |
Antrag: | Hebammen stärken! Für Vielfalt und Qualität vor, während und nach der Geburt |
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Antragsteller*in: | GRÜNE JUGEND (dort beschlossen am: 07.04.2016) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 07.04.2016, 23:05 |
nach der Geburt. Wir möchten, dass Frauen und Familien weiterhin frei entscheiden können, wie und wo sie ihr Kind zur Welt bringen. Dafür ist es notwendig, die Hebammen und Geburtshelfer*innen in ihrer verantwortungsvollen Berufsausübung zu stärken. Denn nur ein ausreichendes und qualitätsgesichertes Angebot an Leistungen der Geburtshilfe ebenso wie der Vor- und Nachsorge garantiert Entscheidungsfreiheit für Frauen und FamilienSelbstbestimmung für Frauen.
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN stehen an der Seite der Mütter, Familien und Kinder vor, während und
nach der Geburt. Wir möchten, dass Frauen und Familien weiterhin frei entscheiden können,
wie und wo sie ihr Kind zur Welt bringen. Dafür ist es notwendig, die Hebammen und
Geburtshelfer*innen in ihrer verantwortungsvollen Berufsausübung zu stärken. Denn nur ein
ausreichendes und qualitätsgesichertes Angebot an Leistungen der Geburtshilfe ebenso wie der
Vor- und Nachsorge garantiert Entscheidungsfreiheit für Frauen und FamilienSelbstbestimmung für Frauen.
Die Anzeichen für einen Mangel an Hebammen und Geburtshelfer*innen häufen sich.
Krankenhäuser berichten, sie müssten Kreißsäle schließen – nicht immer aus finanziellen
Gründen, sondern auch, weil Hebammen und Geburtshelfer*innen fehlen. Eine Umfrage des
Deutschen Hebammenverbandes unter in Kliniken angestellten Hebammen in 2015 hat ergeben,
dass sich die Zahl der zu betreuenden Frauen pro Hebamme erhöht hat. Das gefährdet die
Qualität in der Versorgung, denn die individuelle Betreuung unter der Geburt kann
Interventionen und Komplikationen vermeiden. Mütter und Familien haben außerdem zunehmend
Schwierigkeiten, eine Hebamme zur Vor- und Nachsorge und zur Begleitung während der Geburt –
insbesondere in dünner besiedelten Regionen – zu finden.
Der Personalschlüssel für angestellte Hebammen in Krankenhäusern – 118 Geburten pro Hebamme
im Jahr bei 780 Minuten pro Geburt für eine Vollzeitstelle – stammt aus dem Jahr 1990.
Seitdem hat sich das Aufgabenspektrum verändert. Die Betreuung von Risikoschwangerschaften
ist ebenso angestiegen wie die Arbeiten, die zusätzlich zu den Geburtsbetreuungen erledigt
werden müssen.
Ein existenzielles Problem der Hebammen sind die seit Jahren unmäßig steigenden
Haftpflichtprämien, die viele Hebammen vor die Frage stellen, ob sie sich ihren Beruf noch
leisten können. Die steigenden Prämien werden nachweislich nicht durch mehr Geburtsschäden
verursacht, vielmehr sind die steigende Lebenserwartung geschädigter Kinder und immer höhere
Schadensersatzansprüche dafür verantwortlich. Diese Entwicklungen sind für die geschädigten
Kinder und ihre Familien positiv und wir freuen uns darüber. Gleichwohl muss die prekäre
Situation der Hebammen grundsätzlich stabilisiert werden. Dafür reichen die Lösungen der
Bundesregierung nicht aus. Der Regressverzicht bei der Haftpflichtversicherung nur für
freiberufliche Hebammen ist verfassungsrechtlich bedenklich. Überdies führt er nicht zu
einer nennenswerten Senkung der Prämien. Der Sicherstellungszuschlag, den die Kassen für
Hebammen mit wenigen Geburten als Ausgleich für die hohen Haftpflichtprämien zahlen, wird
nicht verhindern, dass die Prämien jährlich weiter steigen werden.
Mit dem Sicherstellungszuschlag gekoppelt wurden Ausschlusskriterien für Hausgeburten wie
beispielsweise „Überschreitung des Geburtstermins“, die schon länger für Geburtshäuser
gelten. Liegt ein solches Ausschlusskriterium vor, übernimmt die Kasse die Kosten für eine
Hausgeburt nicht mehr. Grundsätzlich begrüßen wir eine qualitätsgesicherte Geburtshilfe, die
auch die Interessen der Kinder mit in den Blick nimmt. Das gilt auch und gerade für
Hausgeburten. Aber besonders das Kriterium, dass eine Hausgeburt nicht mehr finanziert wird,
wenn der errechnete Geburtstermin überschritten wird, beschränkt das Wahlrecht der Frau und
die Entscheidungskompetenz der Hebamme gleichermaßen, ohne durch eine hinreichende Evidenz
gesichert zu sein.
Hebammengeleitete Geburtshilfe in Kliniken bei normalen Geburtsverläufen und außerklinische
Geburtsbegleitung wollen wir erhalten. Auch die Arbeit von Beleghebammen und das Modell des
hebammengeleiteten Kreisaales, wo ein Arzt oder eine Ärztin nur im Bedarfsfall hinzu gerufen
wird, sind wichtige Bestandteile von Qualität. Studien belegen, dass Gebärende sich wohler
fühlen, wenn eine Eins-zu-eins-Betreuung ermöglicht wird bzw. eine individuelle
Vertrauensperson sie begleitet.
Im Durchschnitt kommt heute jedes dritte Kind in Deutschland per Kaiserschnitt (Sectio) zur
Welt. Der rein medizinisch induzierte Kaiserschnitt ist ein Segen. Aber der operative
Eingriff kann auch negative Auswirkungen auf die betroffenen Frauen und Kinder haben. Es ist
nicht nachzuvollziehen, weshalb in Deutschland die Raten für durch Kaiserschnitt beendete
Geburten regional von unter 20 bis über 40% differieren. Die medizinische Entscheidung wird
zu oft auch von strukturellen, finanziellen und rechtlichen Gründen überschattet.
Wir wollen eine am Wohl der Frauen und Familien orientierte, verantwortungsvolle und
qualitätsgesicherte Geburtshilfe. Dazu braucht es gute Arbeitsbedingungen für Hebammen und
Geburtshelfer*innen.
Wir Grüne fordern:
· Der Berufsstand der Hebammen muss abgesichert werden. Die stetig steigenden
Haftpflichtprämien stehen dem entgegen. Wir wollen die Prüfung einer Haftpflichtversicherung
für alle Gesundheitsberufe, angelehnt an die Prinzipien der Unfallversicherung veranlassen.
Damit gehen wir das Problem von Grund auf an, da die Prinzipien der Unfallversicherung, wie
bspw. nicht gewinnorientierte Prämien, Versicherungspflicht und Stärkung der
Patientensicherheit mit den Anforderungen an eine Berufshaftpflicht für Gesundheitsberufe
vereinbar sind.
· Ausschlusskriterien für außerklinische Geburten müssen evidenzbasiert sein. Die Ergebnisse
der vom GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Hebammenverband in Auftrag gegebene Studie zur
wissenschaftlichen Überprüfung der Ausschlusskriterien müssen in den Kriterienkatalog
aufgenommen werden. Die Evidenz ist besonders beim Ausschlusskriterium „Überschreiten des
Geburtstermins“ mehr als fraglich. Bis die Studienergebnisse vorliegen, dürfen die
Krankenkassen die Finanzierung einer Hausgeburt bei einem Überschreiten des Geburtstermins
nicht verweigern. Die Wünsche der Versicherten sind bei der Entscheidungsfindung ebenso
einzubeziehen wie die berufliche Pflicht der Hebamme, dafür zu sorgen, dass ein Arzt oder
eine Ärztin hinzugezogen wird, wenn Regelwidrigkeiten oder Risikofaktoren erkannt werden.
· eine regelmäßige Bestandsaufnahme der geburtshilflichen Versorgung in Deutschland
vorzunehmen, die auf einer einheitlichen Bemessungsbasis auch die Anzahl der angestellten
und freiberuflichen in der Geburtshilfe sowie in der Vor- und Nachsorge tätigen Hebammen
erfasst. Auf der Basis dieser Bestandsaufnahme sollen Empfehlungen zur Verbesserung und zur
Gewährung einer flächendeckenden und qualitätsgesicherten Versorgung mit geburtshilflichen
Leistungen abgegeben werden.
· Anreize zu entwickeln, damit Hebammen und Geburtshelfer*innen auch in unterversorgten
Regionen tätig sind, insbesondere auch im Bereich der Vor- und Nachsorge. In Zukunft muss es
auf der Basis regelmäßiger Berichte über die Entwicklung in der Geburtshilfe eine Steuerung
geben, die sicherstellt, dass werdende Eltern die notwendige und von ihnen gewünschte
Begleitung und Versorgung erhalten.
· Die Entwicklung eines verbindlichen, bundeseinheitlichen Personalbemessungsinstruments für
angestellte Hebammen in Geburtskliniken, die den aktuellen, tatsächlichen Arbeitsaufwand
angemessen darstellt und die Förderung hebammengeleiteter Kreißsäle.
· Zur Senkung der Kaiserschnittrate ein Anreizsystem für Kliniken zu entwickeln, das zur
Vermeidung unnötiger operativer Entbindungen beiträgt. Daran sind alle Akteure zu
beteiligen.
BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN wollen Vielfalt und Qualität in der Begleitung und Betreuung von
werdenden Müttern, Familien und der Kinder erhalten und den Beruf der Hebamme strukturell
aufwerten. Dazu werden wir die notwendigen Maßnahmen diskutieren und voranbringen.
erfolgt mündlich
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